Glossar

Stand: Oktober 2021

In diesem GLOSSAR erklären wir Wörter und Begriffe, die man nicht unbedingt kennt. Manche kommen in der Online-Ausstellung vor und werden hier erläutert, andere beleuchten zusätzlich Sachverhalte aus dem Asyl- und Aufenthaltsrecht.

A


Ablehnung

Bei jedem Asylantrag prüft das BAMF auf Grundlage des Asylgesetzes, ob eine der Schutzformen – Asylberechtigung, Flüchtlingsschutz, subsidiärer Schutz oder ein Abschiebungsverbot – vorliegt. Ist das naBei jedem Asylantrag prüft das BAMF auf Grundlage des Asylgesetzes, ob eine der Schutzformen – Asylberechtigung, Flüchtlingsschutz, subsidiärer Schutz oder ein Abschiebungsverbot – vorliegt. Ist das nicht der Fall, wird der Asylantrag abgelehnt. Bei einer Ablehnung wird zwischen zwei Arten unterschieden: die „einfache Ablehnung“ und die Ablehnung als “offensichtlich unbegründet”. Als „offensichtlich unbegründet“ gilt ein Antrag, wenn das BAMF einen Verdacht auf Täuschung bzw. Fälschung hat oder davon ausgeht, dass wirtschaftliche Gründe oder eine allgemeine Notsituation alleiniger Grund für den Asylantrag sind. Abgelehnte Asylsuchende haben bei einer „einfachen Ablehnung“ zwei Wochen Zeit, um gegen die Entscheidung des BAMF zu klagen. Die Abschiebung wird bis zu einer Entscheidung des Gerichts ausgesetzt. Bei einer Ablehnung als „offensichtlich unbegründet“ muss innerhalb einer Woche geklagt werden, die Klage hat keine aufschiebende Wirkung. Das bedeutet, dass ohne Eilrechtsschutzantrag die betroffene Person trotz des laufenden Klageverfahrens abgeschoben werden.

Abschiebung

Abschiebung bedeutet, dass ausreisepflichtige ausländische Personen mit polizeilichen Zwangsmitteln und auf eigene Kosten außer Landes gebracht werden. Zuständig sind die Ausländerbehörden in den Bundesländern. Sie sind verpflichtet zu prüfen, ob ein Abschiebungshindernis vorliegt. Eine Ausländerbehörde kann Ausreisepflichtige aus verschiedenen Gründen in Haft nehmen lassen, z. B. in Vorbereitung der Abschiebung oder wenn eine Fluchtgefahr vermutet wird. 2019 wurde die Gesetzgebung massiv verschärft. Seitdem gilt eine sogenannte Mitwirkungshaft. Wer nicht an einem Termin bei einer Botschaft des (mutmaßlichen) Herkunftsstaates oder einer ärztlichen Untersuchung zur Feststellung der Reisefähigkeit teilnimmt, kann bis zu 14 Tage inhaftiert werden. Zudem gilt das Trennungsgebot zwischen Straf- und Abschiebungsgefangenen nicht mehr.

Abschiebungshindernis

Ausreisepflichtige Personen können unter bestimmten Umständen nicht in ihr Herkunftsland abgeschoben werden. Ein Abschiebungshindernis besteht, wenn ein Mensch aus gesundheitlichen Gründen nicht reisefähig ist oder an einer Krankheit leidet, die im Herkunftsland nicht oder nur unzureichend behandelt werden kann, wenn bei einer Rückkehr besondere Gefahren drohen, das Herkunftsland keine Passersatzpapiere ausstellt oder es die Aufnahme verweigert. In diesem Fall hat die Person das Recht auf Duldung, was ein Aussetzen der Abschiebung bedeutet.

Abschiebungsverbot

Neben dem völkerrechtlich bindenden Grundsatz der Nichtzurückweisung (Genfer Flüchtlingskonvention) gilt in Deutschland unter bestimmten Umständen ein nationales Abschiebungsverbot (§60 V und VII AufenthG). Eine Person darf nicht abgeschoben werden, wenn ihr dadurch eine erhebliche Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit droht oder die Abschiebung eine Verletzung der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) darstellt. Den Betroffenen wird eine Aufenthaltserlaubnis erteilt.

Ankunftsnachweis

Der Ankunftsnachweis (AKN) ist neben der Ersterfassung aller Geflüchteten im EASY-System und dem bundesweiten Datenaustausch über das Ausländerzentralregister ein zentraler Bestandteil des „Integrierten Identitätsmanagements“. Er weist als erstes offizielles Dokument die Registrierung als asylsuchende Person und damit die Berechtigung zum Aufenthalt in Deutschland nach. Registrierte Asylsuchende haben das Recht auf staatliche Leistungen, wie Unterbringung, medizinische Versorgung und Verpflegung. Sobald die Asylsuchenden einen Asylantrag beim BAMF stellen, wird der Ankunftsnachweis durch eine Aufenthaltsgestattung ersetzt.

Asyl

Das Wort Asyl entstammt dem Altgriechischen „asylos“ und bedeutet „das, was nicht ergriffen werden kann“. Der Begriff umfasst damit die schutzsuchende Person sowie den unverletzlichen Ort, die Zufluchtsstätte, an der eine Person vor Verfolgung sicher ist. In Deutschland ist das Recht auf Asyl in der Verfassung verankert. Es kann jedoch nur von politisch Verfolgten beansprucht werden. Allgemeine Notsituationen wie Armut, Bürgerkrieg, Naturkatastrophen oder Arbeitslosigkeit sind als Gründe für eine Asylgewährung ausgeschlossen. In diesen Fällen kommt der Flüchtlingsschutz nach der Genfer Flüchtlingskonvention zur Anwendung.

Asylberechtigung

Asylberechtigt sind Menschen, die vom BAMF nach Artikel 16a Grundgesetz als politisch Verfolgte anerkannt werden. Sie genießen zugleich Flüchtlingsschutz nach der Genfer Flüchtlingskonvention. Sie erhalten eine dreijährige Aufenthaltserlaubnis, die bei Erwerbstätigkeit auch zu freier Wohnortwahl berechtigt. Nach einer Überprüfung (Widerrufsprüfung) kann die Aufenthaltserlaubnis durch eine Niederlassungserlaubnis ersetzt werden.

Asylbewerberleistungsgesetz

Das Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) regelt seit 1993 Höhe und Form der Leistungen für hilfebedürftige Asylantragstellende, Geduldete und zur Ausreise verpflichtete ausländische Personen. Das Gesetz schreibt vor, vorrangig Sachleistungen oder Gutscheine für Ernährung, Kleidung und Unterkunft und kein Bargeld an die Geflüchteten zu verteilen. Eigenständig zu wirtschaften ist dadurch kaum möglich. 2015 wurde ein Leistungsniveau festgesetzt, das sich grundsätzlich an der Sozialhilfe orientiert. Eine vollständige Übereinstimmung gibt es allerdings nicht; insbesondere bleibt die medizinische Versorgung in den ersten 18 Monaten des Aufenthalts in Deutschland unter dem Niveau der Gesetzlichen Krankenversicherung. 2019 wurden die Regelsätze generell angehoben, per Gesetzesänderung aber für bestimmte Gruppen finanzielle Nachteile festgelegt, insbesondere für alleinstehende Menschen in Geflüchteten-Unterkünften und ausreisepflichtige Personen.

Asylgesetz

Das Asylgesetz (bis 2015 Asylverfahrensgesetz) regelt den Ablauf eines Asylverfahrens und bestimmt die Rechte und Pflichten der Antragstellenden. Zudem legt es fest, welche Behörden an dem Verfahren beteiligt sind und welche Verantwortlichkeiten sie übernehmen. Zudem regelt das Gesetz im Falle eines erfolglosen Verfahrens, wie der Aufenthalt der asylsuchenden Person beendet wird und wer dafür zuständig ist.

Asylgesetzgebung

Als Konsequenz aus den Menschenrechtsverletzungen der Nationalsozialisten wird 1949 im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland ein Grundrecht auf Asyl festgeschrieben: „Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.“ (Artikel 16 GG). Die Aufnahme von Asylsuchenden führt jedoch von Anfang an zu gesellschaftlichen und politischen Auseinandersetzungen. Bereits Ende der 1970er Jahre wurden Änderungen an der Asylgesetzgebung in Deutschland vorgenommen und die Rechte von Asylsuchenden beschränkt. Nach einem Anstieg der Asylanträge seit den späten 1980er-Jahren werden 1993 weitere massive Einschränkungen durch den „Asylkompromiss“ 1993 vorgenommen. Auch 2015 werden steigende Zahlen von asylsuchenden Menschen zum Anlass genommen, weitere wesentliche Änderungen und Einschränkungen im Asylrecht zu beschließen (Asylpaket 1 und 2).

„Asylkompromiss“

Der „Asylkompromiss“ bezeichnet die umfassende Neuregelung des Asylrechts 1993. Eine Änderung des Grundgesetzes schränkt das individuelle Grundrecht auf Asyl stark ein, insbesondere durch die Bestimmung „sicherer Drittstaaten“ und „sicherer Herkunftsstaaten“. Außerdem wird das Asylverfahrensgesetz (heute Asylgesetz) geändert und das Asylbewerberleistungsgesetz geschaffen.

„Asylmissbrauch“

„Asylmissbrauch“ ist ein politisches Schlagwort, das besonders häufig in der Asyldebatte in den 1980er und frühen 1990er Jahren verwendet wurde. Der Begriff wird dazu genutzt Asylsuchende, die nicht als politisch Verfolgte im Sinne des Grundgesetzes anerkannt werden, abzuwerten und ihnen betrügerische Absichten zu unterstellen. Dazu zählt die pauschale Verdächtigung aller Antragstellenden, unter Vorspiegelung falscher Tatsachen Sozialleistungen in Anspruch nehmen zu wollen.

Asylpaket 1 und 2

Mit dem Asylpaket 1 wurden im Oktober 2015 u.a. das Asylverfahrensgesetz (heute ‚Asylgesetz‘), das Asylbewerberleistungsgesetz und das Aufenthaltsgesetz geändert. Neben finanzieller Unterstützung für die Bundesländer bei der Aufnahme von Geflüchteten wurden der Sachleistungszwang bestätigt, die Abschiebepraxis verschärft und die Rechte der Asylsuchenden eingeschränkt. Davon betroffen waren insbesondere Asylsuchende aus ‚sicheren Herkunftsstaaten‘, die zudem ein Beschäftigungsverbot erhielten.

Das Asylpaket 2 vom März 2016 war eine ergänzende Reform, um das Asylverfahren beschleunigen zu können. Asylanträge mit geringer Erfolgsaussicht durchlaufen seitdem ein Schnellverfahren. Ziel ist es, abgelehnte Asylsuchende schneller in ihre Herkunftsländer abzuschieben. Zudem wurde das Recht auf Familiennachzug für alle subsidiär Schutzberechtigten für zwei Jahre ausgesetzt.

Aufenthaltserlaubnis

Für einen Aufenthalt in Deutschland brauchen ausländische Personen ohne Unionsbürgerschaft (EU) grundsätzlich eine Erlaubnis. Das Aufenthaltsgesetz von 2005 definiert zwei Aufenthaltstitel: die befristete Aufenthaltserlaubnis und die unbefristete Niederlassungserlaubnis. Die Aufenthaltserlaubnis ist an einen Zweck gebunden. Es wird unterschieden, ob Personen zur Ausbildung (z.B. Studierende, Auszubildende), Erwerbstätigkeit (ausländische Arbeitnehmende), aus humanitären Gründen (z.B. Asylberechtigte und anerkannte Flüchtlinge) oder familiären Motiven (Familiennachzug) nach Deutschland kommen. Danach richtet sich, wie lange und in welchem Umfang die Aufenthaltserlaubnis gültig ist.

Aufenthaltsgestattung

Mit der Asylantragstellung erhalten Asylsuchende eine Aufenthaltsgestattung. Sie bescheinigt den rechtmäßigen Aufenthalt für die Dauer des Asylverfahrens. Asylsuchende mit einer Aufenthaltsgestattung erhalten Sozialleistungen, können unter bestimmten Voraussetzungen arbeiten oder eine Ausbildung machen und grundsätzlich am Bildungssystem teilhaben. Die Antragstellenden dürfen sich in den ersten drei Monaten nur in dem Gebiet aufhalten, das in ihrer Aufenthaltsgestattung genannt ist (Residenzpflicht). Wollen sie es verlassen, benötigen sie eine behördliche Erlaubnis.

Ausländerzentralregister

Das Ausländerzentralregister (AZR) ist eine bundesweite zentralgesteuerte Personendatenbank. Dort werden Daten aller ausländischen Personen gespeichert, die mindestens drei Monate in Deutschland leben oder gelebt haben. Zahlreiche Behörden haben Zugriff auf das AZR, darunter die Einwanderungs- und Asylbehörden, Arbeitsagenturen, Jobcenter, Polizei und Verfassungsschutz. Neben Namen, Lichtbild und Ausweisinformationen werden Fingerabdrücke, Angaben zu Beruf und Bildung, Sprachkenntnissen sowie zum Gesundheitszustand und Impfungen erfasst, des Weiteren Informationen zu Asyl- und Gerichtsbescheiden, Wohnsitzauflagen und ausländische Pässe im Volltext. Die Datenspeicherung und fehlende Transparenz für die Betroffen wird massiv kritisiert.

Ausreisepflicht

Die Ausreisepflicht besteht, wenn eine ausländische Person keinen Aufenthaltstitel (mehr) hat und über kein Aufenthaltsrecht in Deutschland verfügt.

Aussiedler/Aussiedlerin

„Aussiedlerinnen“ bzw. „Aussiedler“ (seit 1993 „Spätaussiedlerin“ bzw. „Spätaussiedler‘“genannt) sind Nachkommen von Personen, die als deutsche Minderheit in Ost- und Südosteuropa sowie der Sowjetunion bzw. den Nachfolgestaaten der Sowjetunion lebten und seit Anfang der 1950er Jahre bis heute durch ein spezielles Aufnahmeverfahren nach Deutschland einreisen, um sich hier dauerhaft niederzulassen. Mit der Anerkennung erhalten sie automatisch die deutsche Staatsangehörigkeit. Ihre Familienangehörigen können auf Antrag gemeinsam mit ihnen aussiedeln. Dafür müssen sie Grundkenntnisse der deutschen Sprache nachweisen.

B


BAMF

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) untersteht dem Bundesministerium des Inneren und ist zuständig für die Durchführung von Asylverfahren, den Flüchtlingsschutz, die Integrationsförderung und die Förderung der „freiwilligen Rückkehr“. Bei der Durchführung der Asylverfahren arbeitet das BAMF mit den Ausländerbehörden in den Bundesländern, dem Bundesverwaltungsamt, der Bundespolizei, den Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern sowie dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) zusammen.

D


Dublin-Verfahren

Die Dublin-III-Verordnung von 2013 regelt die Zuständigkeit der EU-Mitgliedstaaten bei der Bearbeitung von Asylanträgen. Sie bildet die Grundlage für das Dublin-Verfahren. Zuständig für die Bearbeitung eines Asylantrages ist nach dieser Regel der Staat, den eine schutzsuchende Person bei ihrer Einreise nach Europa zuerst betreten hat. Länder im Inneren der EU „profitieren“ von dem Verfahren, da Geflüchtete kaum einreisen können, ohne sich zuvor in einem anderen EU-Land aufgehalten zu haben. Obwohl die humanitäre Katastrophe in den Flüchtlingslagern an den EU-Außengrenzen inzwischen die Unzulänglichkeit des Dublin-Systems offenbart hat, hält die Kommission auch im neuen EU Migrations- und Asylpaket grundsätzlich daran fest.

Duldung

Duldung ist die ‚vorübergehende Aussetzung der Abschiebung‘ von ausreisepflichtigen ausländischen Personen (§ 60 V und VII AufenthG). Sie wird erteilt, wenn eine Rückkehr ins Herkunftsland aus rechtlichen oder praktischen Gründen unmöglich ist. Geduldete können ihren Wohnort nicht frei wählen und müssen jederzeit mit einer Abschiebung rechnen, sofern sie sich nicht in einer Ausbildung oder Beschäftigung befinden. Die notwendige Arbeitserlaubnis muss von der Ausländerbehörde erteilt werden, die die Bewilligung aber oft verweigert oder verzögert. Arbeitsverbote und Leistungskürzungen sind behördliche Mittel, die „Bereitschaft zur Ausreise fördern“. Seit Jahren wird für langjährig Geduldete ein Bleiberecht gefordert.

„Duldung light“

Seit 2020 gibt es mit der „Duldung light“ eine neue Duldungsform für Menschen mit ungeklärter Identität. Sie soll zudem für jene Menschen gelten, denen unterstellt wird, ihre Abschiebung durch falsche Angaben oder mangelnder Kooperation bei der ‚besonderen Passbeschaffungspflicht‘ zu verhindern. Missachtet wird, dass eine Passbeschaffung tatsächlich kompliziert und langwierig sein kann. Die „Duldung light“ bedeutet für die Betroffenen zusätzlich zu den ohnehin bestehenden Beschränkungen weitere Erschwernisse wie die Kürzung von Sozialleistungen oder die Verhängung eines Arbeitsverbotes.

E


EASY-System

Das EASY-System ist eine IT-Anwendung des BAMF zur Erstverteilung von Asylsuchenden auf die Bundesländer, bis 2016 ohne die Erfassung persönlicher Daten. Bei einem Asylgesuch an der Grenze oder im Inland wird zunächst entschieden, in welchem Bundesland die asylsuchende Person ihren Antrag stellen muss. So soll eine gleichmäßige Verteilung sichergestellt werden. Nach der Registrierung im EASY-System müssen sich die Asylsuchenden in die Erstaufnahmeeinrichtung begeben, die ihnen über EASY zugeteilt wird. Dort erhalten sie einen Ankunftsnachweis und können in einer Außenstelle des BAMF ihren formalen Asylantrag stellen. Seit 2016 werden bereits vor dem formalen Asylantrag persönliche Daten der Asylsuchenden erfasst und im Ausländerzentralregister (AZR) gespeichert.

EU Migrations- und Asylpaket

2020 hat die EU-Kommission den Entwurf für ein neues europäisches Migrations- und Asylsystem vorgestellt. Künftig soll bereits an den EU-Außengrenzen ein beschleunigtes Grenzverfahren durchgeführt werden – mit der Möglichkeit, die Schutzsuchenden währenddessen in geschlossenen Lagern festzuhalten. Wie beim „Flughafenverfahren“ gelten sie als „nicht eingereist“und der Zugang zu einem regulären Asylverfahren bleibt ihnen versperrt. Menschenrechtsorganisationen bezweifeln, dass bei diesen Grenzverfahren rechtsstaatliche Standards und Menschenrechte gewahrt werden können. Des Weiteren ist ein ‚Solidaritätsmechanismus‘ innerhalb der EU vorgesehen. Statt der Festlegung einer verbindlichen Quotenregelung sollen die Mitgliedstaaten entscheiden können: Entweder sie nehmen Geflüchtete mit Aussicht auf einen Schutzstatus auf (und bekommen Geld dafür), oder sie übernehmen „Rückführungspatenschaften“. „Rückführungspatenschaft“ bedeutet, dass ein Land die Verantwortung für die Abschiebung von Schutzsuchenden übernimmt, deren Antrag in einem anderen Mitgliedstaat abgelehnt wurde. Mit dem Ziel verstärkter Abwehr und Abschiebung Geflüchteter will die EU dafür die Zusammenarbeit mit außereuropäischen Herkunfts- und Transitländern weiter ausbauen.

Eurodac-Datei

Die europäische Migrationsdatenbank Eurodac ist ein EU-weites System zur Identifizierung und zum Abgleich schutzsuchender Personen. In der Datenbank werden die Fingerabdrücke all jener gespeichert, die in der EU einen Asylantrag stellen oder die an einer EU-Außengrenze angetroffen werden. So will die EU entsprechend des Dublin-Übereinkommens verhindern, dass Schutzsuchende in mehreren europäischen Staaten Asyl beantragen. Künftig soll das System noch stärker mit anderen Datenbanken wie dem Schengener Informationssystem und dem Visa-Informationssystem vernetzt werden.

F


Familiennachzug

Menschen, denen die Asylberechtigung oder die Flüchtlingseigenschaft zugesprochen wurde, haben das Recht auf privilegierten Familiennachzug. Privilegiert bedeutet, dass der Nachweis über ausreichenden Wohnraum und die eigenständige Sicherung des Lebensunterhalts nicht erforderlich ist, wenn die aufenthaltsrechtlichen und formalen Bedingungen erfüllt sind. Grundsätzlich gilt der Familiennachzug nur für Personen, die miteinander verheiratet sind und für die minderjährigen Kinder oder die Eltern von Minderjährigen und muss innerhalb von drei Monaten beantragt werden. Für subsidiär Schutzberechtigte besteht kein Rechtsanspruch, die zuständigen Behörden können aber die Einreise von bis zu maximal 1.000 Familienangehörigen pro Monat bewilligen.

Flüchtlingsschutz

Der § 3 des Asylgesetzes definiert auf Basis der Genfer Flüchtlingskonvention die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Menschen gelten als Flüchtlinge, wenn sie sich aus Furcht vor Verfolgung von staatlicher oder nichtstaatlicher Seite wegen ihrer „Rasse“, Nationalität, politischen Überzeugung, Religion oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb ihres Herkunftslands befinden und den Schutz ihres Herkunftslands nicht in Anspruch nehmen können. Wie Asylberechtige erhalten sie eine dreijährige Aufenthaltserlaubnis, die bei einer Erwerbstätigkeit auch zur freien Wohnortwahl berechtigt. Nach einer Überprüfung (Widerrufsprüfung) kann die Aufenthaltserlaubnis verlängert oder durch eine Niederlassungserlaubnis ersetzt werden.

Flughafenverfahren

Für Einreisen von Schutzsuchenden auf dem Luftweg gilt im Falle einer Asylbeantragung ein Sonderverfahren, das sogenannte Flughafenverfahren. Es greift für Personen, die keinen gültigen Pass besitzen oder die aus einem „sicheren Herkunftsstaat“ kommen. Obwohl sie sich auf deutschem Staatsgebiet befinden, gelten sie als nicht eingereist – ein Schnellverfahren findet noch im Transitbereich des Flughafens statt. Werden die Chancen auf eine Asylanerkennung als gering eingestuft, dürfen sie nicht einreisen und werden zurückgeschickt; auch ohne gültige Reisedokumente, was regulär ein Abschiebehindernis bedeutet. Trotz Zweifeln an der Rechtsstaatlichkeit dieses Schnellverfahrens dient es dem 2020 vorgestellten EU Migrations- und Asylpaket als Vorbild für künftige beschleunigte Grenzverfahren an den EU-Außengrenzen. Kritische Stimmen weisen darauf hin, dass sich dadurch die schwierige Situation in den dortigen Lagern nicht wie behauptet entspannen, sondern vielmehr verschlimmern wird.

Freizügigkeit

Artikel 13 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte gibt jedem Menschen das Recht, sich innerhalb eines Staates frei zu bewegen und seinen Aufenthaltsort frei zu wählen sowie jedes Land, einschließlich seines eigenen, zu verlassen und in sein Land zurückzukehren. Als Person mit einer EU-Staatsangehörigkeit genießt man das Recht, sich in den Mitgliedstaaten der EU frei zu bewegen, zu arbeiten und zu wohnen, ohne einen Aufenthaltstitel zu benötigen. Für Geflüchtete im Asylverfahren, Asylberechtigte, anerkannte Flüchtlinge und abgelehnte Asylsuchende ist durch die Residenzpflicht und Wohnsitzauflage die Freizügigkeit in Deutschland und Europa stark eingeschränkt.

G


Genfer Flüchtlingskonvention

Die Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) von 1951 – offiziell „Abkommen über die Rechtsstellung von Flüchtlingen“ – enthält neben der Definition des politischen Flüchtlings genaue Bestimmungen über die Rechte und Hilfen, die Geflüchteten in einem Aufnahmeland zustehen. Daneben bestimmt sie die Pflichten der Geflüchteten gegenüber dem Aufnahmeland und schließt bestimmte Gruppen, z.B. Personen die Kriegsverbrechen begangen haben, vom Flüchtlingsstatus aus. Zentral ist der Grundsatz der Nichtzurückweisung (Non-Refoulement-Prinzip). Er verbietet die Auslieferung, Ausweisung oder Rückschiebung einer Person in ein anderes Land, wenn ihr dort Folter oder andere schwere Menschenrechtsverletzungen drohen. Bisher haben 145 Staaten die GFK und das Folgeprotokoll von 1967 unterzeichnet.

Grenzübertrittsbescheinigung

Wird einer schutzsuchenden Person am Ende des Asylverfahrens die Aufnahme in Deutschland verweigert, wird sie zur Ausreise aufgefordert. Die Frist beträgt in der Regel einen Monat, manchmal weniger. Nach Ablauf der Frist droht die Abschiebung. Die Grenzübertrittsbescheinigung dient als Nachweis, dass eine ausreisepflichtige Person innerhalb der gesetzten Frist Deutschland verlassen hat, wenn sie bei der Ausreise am Grenzübergang abgegeben und von dort an die zuständige Ausländerbehörde übermittelt wird.

N


Niederlassungserlaubnis

Im Unterschied zur Aufenthaltserlaubnis ist die Niederlassungserlaubnis nicht an einen bestimmten Zweck gebunden und bietet Schutz gegen eine Ausweisung. Sie berechtigt zum dauerhaften Aufenthalt und zur unbeschränkten Erwerbstätigkeit und kann nach mehrjährigem Aufenthalt zur Einbürgerung führen. Die Anforderungen für die Niederlassungserlaubnis sind hoch: Zu den Voraussetzungen gehören ein gesicherter Lebensunterhalt (unabhängig von Sozialleistungen) und angemessener Wohnraum für die ganze Familie. Zudem müssen Beiträge zur Altersvorsorge, Straffreiheit und „ausreichende“ deutsche Sprachkenntnisse nachgewiesen werden. Darüber hinaus müssen eine Arbeitserlaubnis und eine mindestens fünfjährige Aufenthaltserlaubnis vorliegen.

S


Schengener Informationssystem

Das Schengener Informationssystem (SIS II) ist ein Informationssystem zur automatisierten Personen- und Sachfahndung in der Europäischen Union (EU). Es dient der Vernetzung und Zusammenarbeit zwischen den nationalen Grenzschutz-, Zoll- und Polizeibehörden in 30 europäischen Ländern. Das SIS II ermöglicht es den zuständigen Behörden der beteiligten Länder, Personen oder Gegenstände auszuschreiben – z.B. um Fahndungsdaten über Diebesgut auszutauschen oder Menschen zu melden, denen die Einreise verweigert oder die ausgewiesen werden sollen.

Schengen-Raum

Der Schengen-Raum ist durch das Schengener Abkommen definiert, dass 1995 in Kraft trat. Darin beschließen die teilnehmenden Staaten, die Kontrollen an den Binnengrenzen abzuschaffen und Freizügigkeit für die jeweiligen Staatsangehörigen herzustellen. Die dadurch entstandene Außengrenzen des Schengen-Raums werden mit Grenzkontrollen gesichert und ständig ausgebaut. Seit 1995 hat sich der Schengen-Raum immer wieder erweitert. Heute umfasst er fast alle Länder der EU sowie Island, Liechtenstein, Norwegen und die Schweiz. Bulgarien, Rumänien und Kroatien sollen ebenfalls aufgenommen werden.

„Sichere Drittstaaten“

Die Drittstaatenregelung nach Artikel 16a Absatz 2 GG schließt Schutzsuchende, die über einen ‚sicheren Drittstaat‘ einreisen, von einem politischen Asyl in Deutschland aus. Als sicher gelten alle EU-Mitgliedstaaten, Norwegen und die Schweiz. Haben Geflüchtete auf ihrer Durchreise in einem dieser Länder bereits internationalen Schutz erhalten, können ihre Asylanträge ohne inhaltliche Prüfung als unzulässig abgelehnt werden. Die Rückführung in das Land, in dem eine Person als schutzberechtigt anerkannt wurde, erfolgt dann aufgrund bilateraler Rückführungsübereinkommen. Das Grundrecht auf Asyl wegen politischer Verfolgung kann in Deutschland also nur von Personen geltend gemacht werden, die über den See- oder Luftweg einreisen.

„Sichere Herkunftsstaaten“

Die Bundesregierung definiert Länder als ‚sichere Herkunftsstaaten‘, bei denen aufgrund der allgemeinen politischen Verhältnisse die Annahme besteht, dass dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Die Spannbreite, was als ‚sicher‘ eingestuft wird, ist dabei groß. Anträge von Asylsuchenden, die aus diesen Ländern kommen, werden in der Regel abgelehnt. Da für die Betroffenen beschleunigte Verfahren gelten, ist es für sie sehr schwer glaubhaft zu machen, dass sie in ihrem Herkunftsstaat verfolgt werden. Menschenrechtsorganisationen bezeichnen die Einstufung in ‚sichere‘ Herkunftsländer als politisches Instrument der Abschreckung und Abschiebung. Schutzsuchenden aus diesen Ländern soll deutlich gemacht werden, dass sie keine Chance auf Asyl haben.

Subsidiärer Schutz

Wenn weder nach Art 16a GG Asyl noch nach der Genfer Flüchtlingskonvention Schutz gewährt werden kann, aber im Herkunftsland Gefahr droht, kann der subsidiäre Schutz zugesprochen werden (§ 4 AsylG). Subsidiärer Schutz wird beispielsweise gewährt, wenn einer Person Folter oder unmenschliche Behandlung oder eine konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit drohen, z.B. infolge willkürlicher Gewalt in einem bewaffneten Konflikt oder aufgrund einer schweren Krankheit, die im Herkunftsland nicht behandelbar ist. Anerkannte Flüchtlinge mit subsidiärem Schutz erhalten eine Aufenthaltserlaubnis für zunächst ein Jahr mit der Option auf zwei Jahre Verlängerung. Es besteht ein uneingeschränkter Zugang zum Arbeitsmarkt.

V


Visa-Informationssystem

Das Visa-Informationssystem (VIS) ist ein System für den Austausch von Visa-Daten zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Das VIS verfolgt das Ziel, die gemeinsame europäische Visumpolitik zu steuern, Visaantragsverfahren zu vereinfachen und Kontrollen an den Außengrenzen zu erleichtern. Die gemeinsame Visumspolitik der EU ist Folge der offenen Binnengrenzen im sogenannten Schengen-Raum. Ein Schengen-Visum berechtigt dazu, von jedem Schengen-Mitgliedstaat in den Schengen-Raum einzureisen und sich darin bis zu 90 Tage von Land zu Land frei zu bewegen. Wer ohne Unionsbürgerschaft länger als 90 Tage in einem der Schengen-Länder studieren, arbeiten oder leben will, muss allerdings ein nationales Visum des entsprechenden Landes beantragen.

W


Widerrufsprüfung

Die Anerkennung als asylberechtigt bzw. die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft wird vom BAMF nach drei Jahren überprüft. Der Flüchtlingsstatus wird widerrufen, wenn die Lage im Herkunftsland sich nach Einschätzung des BAMF – z.B. nach einem Regierungswechsel – derart geändert hat, dass die Voraussetzungen für den gewährten Schutz entfallen, oder wenn die schutzsuchende Person ihre individuelle Situation im Asylverfahren vermeintlich falsch dargestellt hat. Kommt es zu einem Widerruf, droht den Betroffenen eine Ausreisepflicht oder Abschiebung. Über den weiteren Aufenthalt entscheiden die zuständigen Ausländerbehörden.

Wohnsitzauflage

Nach Ende einer Wohnpflicht in einer Erstaufnahmeeinrichtung werden Asylsuchende innerhalb des Bundeslandes verteilt. Für die Dauer des Asylverfahrens sind sie verpflichtet, an dem Ort zu wohnen, der ihnen zugewiesen wird. Seit August 2016 gilt eine Wohnsitzauflage auch für alle anerkannten Asyl- und Schutzberechtigten sowie Geduldete, die Sozialleistungen beziehen. Sie dürfen ihren Wohnsitz nicht frei wählen, sondern müssen drei Jahre lang dort leben, wo ihr Asylverfahren durchgeführt wurde. Anders als bei der Residenzpflicht können die betroffenen Personen aber den in der Wohnsitzauflage genannten Ort auch ohne Genehmigung der Behörden vorübergehend verlassen. Die Wohnsitzauflage kann aufgehoben werden, wenn eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung oder Ausbildung aufgenommen wird.

Z


Zuwanderungsgesetz

Das Gesetz von 2005 heißt offiziell „Gesetz zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung und zur Regelung des Aufenthalts und der Integration von Unionsbürgern und Ausländern“; in ihm werden mehrere Gesetze und Verordnungen zusammengefasst So ist darin der Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von ausländischen Personen aus Drittstaaten im Bundesgebiet ebenso geregelt, wie die allgemeine Freizügigkeit für Personen mit Unionsbürgerschaft (EU). Es setzt aufenthalts- und asylrechtliche Richtlinien der EU um und enthält Regelungen hinsichtlich des Bleiberechts, der Integration, der Einbürgerung und des Familiennachzugs. Seit März 2020 sind der Zugang zur Erwerbstätigkeit und der Aufenthalt bei einer Ausbildung durch das sogenannte Fachkräfteeinwanderungsgesetz neu geregelt. Es soll durch qualifizierte Zuwanderung aus dem Ausland dem Fachkräftemangel effektiv entgegenwirken. Die Hürden und Auflagen sind jedoch hoch.

Einträge im Glossar basieren auf folgenden Quellen:

Bertelsmann Stiftung

Bundesministerium für Bildung und Forschung

Bundesamt für Migration und Flüchtlinge

Bundesministerium des Innern

Bundesregierung

Bundesverwaltungsamt

Bundeszentrale für politische Bildung

Deutscher Caritasverband e.V.

Ecre (European Council on Refugees and Exiles)

Europäisches Parlament

European Commission

Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen

Flüchtlingsräte der Bundesländer

Informationsverbund Asyl & Migration

Institut für Interkulturelle Kompetenz und Didaktik

Institut für Menschenrechte

Mediendienst-Integration

Neue deutsche Medienmacher – Glossar

PRO ASYL

UNHCR

Verbraucherzentrale