Ahmad Barakizadeh

Ahmad Barakizadeh ist ein iranischer Künstler, Bildhauer, Karikaturist und Dozent. Seit 2011 lebt er im Exil in Berlin. Neben Shiraz im Iran und Caracas in Venezuela ist es der Ort, wo er sich zu Hause fühlt. In den Iran wird er nie zurückkehren, weil er dort wegen seiner politischen Kunst verfolgt wird. Seine Flucht innerhalb Irans begann schon in seiner Kindheit, lange bevor er nach Deutschland kam.

Die Flucht

Khorramshahr / Iran

Khorramshar; “Our city our home” by MastaBaba is licensed under CC BY-NC 2.0

Ahmad Barakizadeh wird 1969 in Khorramshahr geboren. Die iranische Stadt liegt an der Grenze zum Irak, nahe Abadan. Als Zentrum der Erdölförderung ist Abadan ein Hauptziel im Iran-Irak Krieg. Khorramshahr wird 1980 angegriffen und bleibt bis 1982 irakisch kontrolliert. Bei den Kämpfen sterben über 10.000 Menschen. Die Familie Barakizadeh flieht aus der Stadt.

Shiraz / Iran

Nach der Flucht aus Khorramshar lässt sich die Familie in Shiraz nieder, im 500 km entfernten Zāgros-Gebirge. In Shiraz bleibt Ahmad bis zu seinem Abitur. Neben der Schule zeichnet er viel. Er beschreibt es als einen Dialog mit dem Papier, den er seit seiner Kindheit führt. Auch später besucht er die Stadt und ihre Umgebung, da er sich dort sehr wohl und heimisch fühlt.

Ahmad Barakizadeh nahe Shiraz

Teheran / Iran

Ahmad Barakizadeh im Atelier

1990 geht Ahmad für zwei Jahre zur Armee. In Teheran wird er in der Sprachabteilung eingesetzt, wo er Illustrationen für englische Lehrbücher erstellt. Nach der Armee möchte er im Ausland studieren. Er arbeitet als Grafikdesigner in verschiedenen Städten im Iran, u.a. in seiner Heimatstadt Khorramshahr und in Shiraz, um Geld dafür zu sparen.

Charkow / Ukraine

1997 geht Ahmad nach Charkow (Ukraine), und lernt zunächst Russisch. Eigentlich will er Sozialpsychologie studieren, aber seine Sprachkenntnisse reichen dafür noch nicht aus. Er studiert Kunst (Staffelei und Bildhauerei/Skulptur) und erhält im Jahr 2005 seinen Master of Arts von der Kharkiv State Academy of Design and Arts.

Ahmad Barakizadeh neben seiner Masterarbeit

Teheran / Iran

Selbstportrait

2006 kehrt Ahmad in den Iran zurück und arbeitet als Künstler, politischer Karikaturist und Dozent an der Fakultät für Bildende Künste der Universität Teheran und an der Kunstuniversität. Figurative Bildhauerei ist im Iran verboten. In seinem Studio treffen sich Studierende, um frei davon zu arbeiten. Nach den Protesten zur iranischen Präsidentschaftswahl 2009 verschärft sich die Situation für Oppositionelle. 2011 muss Ahmad den Iran verlassen.

Flucht von Teheran nach Berlin.

Federhalter – mitgenommen auf die Flucht.

"Diesen Federhalter habe ich seit sieben oder acht Jahren. Den und einen USB-Stick trage ich seither immer mit mir herum. Das sind die einzigen Gegenstände, die ich mitgenommen habe, als ich den Iran verlassen habe."

(Ahmad Barakizadeh, 2012)

Berlin

Ahmad kommt im August 2011 in Berlin an und stellt einen Antrag auf Asyl. Nach kurzem Aufenthalt in einer Erstaufnahmeeinrichtung zieht er in ein Wohnheim für alleinstehende Männer. Doch der Lärm und die Unruhe sind sehr belastend. Er bekommt einen Platz im Übergangswohnheim Marienfelde, wo er 2 Jahre bleibt.

Ahmad Barakizadeh, 2012

"Es hat mich mal jemand gefragt, ob ich ein glücklicher Mensch bin und ich antworte: Wenn man es nach persönlichen Parametern betrachtet, bin ich glücklich. Aber wie kannst du dich glücklich fühlen, wenn in deiner Umgebung viele leiden?"

(Ahmad Barakizadeh, 2012)

"Freundschaft ist eines der wichtigsten Dinge im Leben. Wir haben Bekanntschaften aus Notwendigkeit und wir haben Freundschaften, die bedingungslos sind. Was ich bei meinen Freunden schätze: Sie akzeptieren mich so, wie ich bin. In einer Welt, in der alles kalkuliert und berechnet wird, ist es sehr wertvoll, wenn Menschen sich einfach nur akzeptieren."

(Ahmad Barakizadeh, 2016)

Nach 10 Jahren im Land würde Ahmad sich gerne einbürgern lassen. Als freischaffender Künstler kann er aber kein gesichertes Einkommen nachweisen. Die deutsche Staatsbürgerschaft wird ihm deshalb verwehrt.

Die Situation im Iran lässt ihn nicht los. Wöchentlich veröffentlicht er neue Karikaturen über die politische Situation in seinem Heimatland. Sein Traum von einer eigenen Kunstschule in eigens angemieteten Räumen wird durch die Covid-19-Pandemie zerschlagen.

Noch immer wohnt Ahmad in der Wohnung, die er nach dem Übergangswohnheim bezogen hat. Die Suche nach einer neuen Nachbarschaft hat er aufgegeben. Ruhe und Erfüllung findet er bei seiner Arbeit im Atelier.

Fluchtpunkt Berlin-Marienfelde?

Wäre Ahmad Barakizadeh auch zehn Jahre später in Berlin angekommen?

2020 wurde der internationale Flugverkehr aufgrund der Covid-19-Pandemie weitestgehend eingestellt. Aber schon vorher war es für Geflüchtete schwer, auf dem Luftweg einzureisen: 2019 wurden 50% aller iranischen Asylanträge binnen zwei Tagen direkt am Flughafen abgelehnt (Quelle: BAMF, Flughafenstatistik). In einem regulären Asylverfahren ist dies nur bei 2% der iranischen Anträge der Fall. Das Missverhältnis der Zahlen wirft die Frage auf, ob die Anträge im Flughafenverfahren fair und sorgfältig geprüft werden.